23.10.2015 16:51 Uhr

Austria: Derbysieg schwer aber machbar

Alexander Gorgon will diesmal beim Derby mehr als nur Tore bejubeln
Alexander Gorgon will diesmal beim Derby mehr als nur Tore bejubeln

Der Austria steht am Sonntag (ab 16:30 Uhr im weltfussball-Liveticker) bei der 315. Auflage des Wiener Derbys der schwere Gang in das Ernst-Happel-Stadion bevor. Den Veilchen ist klar: Für einen Sieg muss alles passen.

"Wenn man Rapid schlagen will, dann kann man sie auch schlagen", war sich Austria-Trainer Thorsten Fink sicher, "es muss aber alles passen und stimmen, damit man dort eine Chance hat." Ein Derbysieg ist für die Austria ohnehin eine schwierige Aufgabe. Rapid tankte nach zwei Niederlagen in der Meisterschaft in der Europa League mit einem 3:2 gegen Viktoria Plzen (Pilsen) rechtzeitig Selbstvertrauen. Einmal mehr wurde ein Rückstand gedreht, das Überwintern im Europacup ist in Griffweite. Austria-Sportdirektor Franz Wohlfahrt zollte dem Respekt: "Wir wollen offiziell als Verein unserem Gegner am Sonntag gratulieren. Das war eine großartige Leistung von Rapid und für uns ein Zeichen, dass wir alle Kräfte bündeln müssen."

Auch die jüngsten Ergebnisse im ewigen Prestigeduell sprechen nicht gerade für Violett. 1:4 im letzten Derby der Vorsaison, unter Fink gab es im August daheim ein bitteres 2:5. Wie sehr steckt diese historische Pleite in den Köpfen? "Wir sprechen in dieser Saison über alles, was wir positiv mitnehmen können, aber auch über negative Dinge, die wir dann auch abstellen können", führte Fink aus. Auch rückblickend war er nicht unzufrieden. "Wir haben ein gutes Spiel gemacht, zwei Tore erzielt, Chancen herausgearbeitet." Es galt aber auch Lehren zu ziehen. "Wir müssen besser stehen, weil fünf Tore sind zu viel. Daran haben wir aber in letzter Zeit gearbeitet", so Fink.

Die Defensivarbeit ist der Schlüssel zum Derbyerfolg. "Wir müssen in allen drei Zonen gut verteidigen. Wenn meine Mannschaft hervorragend verteidigt, haben wir eine Chance." Zu-Null zu spielen ist aber nur die halbe Miete. "Wir wollen unser Spiel durchbringen und sicherlich nicht nur defensiv agieren. Das heißt wir müssen Akzente nach vorne setzen", versprach Thorsten Fink.

Offensiverer Gegner macht es der Austria nur bedingt "leichter"

Alex Gorgon, aktuell nicht nur bester Torjäger der Austria sondern auch der Bundesliga, attestierte Rapid "in der Offensive sehr variabel" zu sein. Sich auszurasten sei daher verboten. Ein Gegner, der selbst mehr für das Spiel tut anstatt sich einzuigeln, mache die Aufgabe für Gorgon nur vermeintlich einfacher. "Leichter nur unter Anführungszeichen. Gegen Rapid hat man mehr Platz und wir können unsere Qualitäten besser ausspielen. Dieses 'leicht' ist aber dennoch sehr schwer", erinnerte Gorgon.

Das Wort Revanche blieb bei der Derby-Pressekonferenz unerwähnt. Fink bekräftigte: "Das 2:5 ist in der Kabine kein Thema, eher die letzten drei Spiele." Rachegelüste mussten der Konzentration weichen. Wenngleich Emotionen gefragt bleiben. "Natürlich weiß ich, was ein Derby bedeutet", stellte Fink klar, "natürlich brennt jeder darauf. Aber das weiß auch Rapid." Alles zu geben, das allein sei wichtig.

Auf die Debatte, ob der Europacup-Abend Rapids der Austria zum Vorteil oder Nachteil gereiche, wollte sich Fink jedenfalls nicht einlassen. "Wir konzentrieren uns auf unsere Leistung und nicht auf das, was Rapid in dieser Woche gemacht hat oder davor." Natürlich nahm er die Unterschiedlichkeit der Leistungen zur Kenntnis. "Sie waren gegen den WAC sehr schwach, gegen Pilsen sehr stark. Ein Mittelding daraus und wir spielen gut, dann haben wir eine Chance."

Neben dem Langzeitverletzten Ronivaldo (Schambeinentzündung) fällt diesmal auch Innenverteidiger Vance Sikov mit einer Muskelverletzung aus. "Wir wollen kein Risiko eingehen, weil wir englische Wochen vor uns haben", sagte Fink. "Statt ihm wird Windbichler beginnen. Er hat mein vollstes Vertrauen und hat auch hervorragend trainiert." Fraglich ist außerdem Flügelflitzer Larry Kayode, der nach einem Schlag auf den Oberschenkel nur bedingt mittrainieren konnte.

Austria will Steigerung gewürdigt wissen

Trotz Platz zwei muss die Austria gezwungenermaßen über ihre Leistungen reflektieren. Gegen Grödig gab es vom chronisch unzufriedenen Veilchen-Anhang Pfiffe. "Kritik von außen nehmen wir sehr ernst", bekräftige Wohlfahrt, "wir hinterfragen immer, was wir richtig und falsch gemacht haben." Nach zwölf Runden, einem Drittel der Meisterschaft, ist der Sportdirektor jedoch keineswegs unzufrieden. "In allen Werten sind wir eigentlich unter den Top drei der Liga."

60 Prozent Ballbesitz im Schnitt seien der Topwert der Liga, 159 geschlagene Flanken "mit Abstand" ebenfalls der höchste Wert und auch 139 Torschüsse würden laut Wohlfahrt unterstreichen, dass die Austria mit ihrer Spielidee durchaus zum Abschluss komme. "Natürlich wissen wir, dass es immer Raum zur Verbesserung gibt. Dass wir die Passqualität und Passgeschwindigkeit erhöhen müssen, um besser dazustehen." Im Vergleich zu den zwei bescheidenen Vorsaisonen sei eine Steigerung aber nicht von der Hand zu weisen. "Wir sind Zweiter, punktgleich mit dem Ersten. Daher will ich mir das nicht negativ aufbauen lassen." 

Thorsten Fink ging noch weiter in die Offensive und mit den Medien ins Gericht: "Als erstes kommt immer das Negative. Gibt es auch etwas Positives? Wenn ja, dann möchte ich das auch lesen. Ich habe zum Beispiel schon lange nicht gelesen, dass wir große Fortschritte gemacht haben", haderte er mit einem vorgeblich typischen hiesigen Wesenszug. "Die Mannschaft tut sehr viel für Siege, hat sich einen Charakter erarbeitet, kann enge Spiele drehen. Das kann man nicht, wenn man nichts macht. Wer mehr erwartet, der ist nicht Realist", so Fink.

Dreckige Siege werden gerne genommen

"Wir sind besser in die Saison gestartet als erwartet", fügte Alexander Gorgon hinzu. Mittlerweile hätte die Mannschaft aber mehr Konstanz. "Ich bin keiner, der gerne in Schönheit stirbt. Wenn es ein dreckiger Sieg wird, dann nehme ich ihn gerne", legte Gorgon aus seiner Sicht den Unterschied zu den letzten beiden Saison dar.

Abseits des Rasens freut sich Alex Gorgon auf familiären Zuwachs. Er wird zum zweiten Mal Vater, Geburtstermin ist der 27. Oktober. Möglicherweise ist das Spiel gegen Rapid an diesem Wochenende doch die leichtere Aufgabe in der Familie Gorgon. "Ich hab zu meiner Frau gesagt, am Sonntag sollte er nicht kommen. Ein bisschen muss sie also noch zurückhalten."

Ein voller Erfolg würde Sohn Mateo nicht nur als Derbysieger auf die Welt kommen lassen, auch Thorsten Fink dürfte sich über ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk freuen. Der Austria-Coach wird am kommenden Donnerstag 48.

Mehr dazu:
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Sebastian Kelterer

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