09.09.2022 11:23 Uhr

Cheftrainer Baumgart muss Kölner Randale mit ansehen

Steffen Baumgart musste in Nizza auf der Tribüne Platz nehmen
Steffen Baumgart musste in Nizza auf der Tribüne Platz nehmen

Unter dem Eindruck der schlimmen Bilder wollte Steffen Baumgart vor dem Rückflug in der Nacht zunächst nicht reden.

Weil er gesperrt auf der Tribüne im Stade Allianz Riviera sitzen musste, verfolgte der Trainer des 1. FC Köln die schlimmen Ausschreitungen vor dem Conference-League-Spiel beim OGC Nizza (1:1) aus nächster Nähe. "Es ist in Teilen direkt vor ihm passiert", berichtete FC-Geschäftsführer Christian Keller: "Das war nicht schön, sich das ansehen zu müssen."

Folgen für Köln noch unklar

Direkt nach den Vorfällen hatte indes die Aufarbeitung der Zwischenfälle begonnen. Vorschnelle Schlüsse wollte aber niemand ziehen. Die Konsequenzen für den Verein seien "noch nicht abzusehen", sagte Keller: "Ich will auch nicht spekulieren. Da gibt es sicher eine große Bandbreite." Diese reicht von Geldstrafen bis zu Auflagen oder möglicherweise auch Geisterspielen. Die UEFA hatte sich bis Freitagmorgen noch nicht geäußert.

"Ich weiß, dass wir auf Bewährung sind", sagte Keller: "Wie lange die galt, damit habe ich mich ehrlich gesagt nicht beschäftigt. Weil ich nicht mit so etwas gerechnet habe." 2017 beim Auftakt-Spiel der bisher letzten Kölner Europacup-Saison hatte die UEFA den FC nach Vorfällen beim Spiel beim FC Arsenal zu einer Auswärtssperre für seine Fans verurteilt und dies für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt. Keller befürchtet: "Wenn du einmal auffällig warst, merkt man sich das."

Wie ist es zu den Randalen gekommen?

Damals hatte das Urteil fünfeinhalb Wochen gedauert, und auch diesmal dürfte die Aufarbeitung nicht einfach werden. Das fängt schon mit der Frage nach dem Auslöser der Randale an. Nizzas Trainer Lucien Favre hatte erklärt, dass sein Verein kein Verschulden bei sich und seinen Fans sehe. Würde Nizza zu einem Geisterspiel verurteilt "wäre das ungerecht", sagte der langjährige Bundesliga-Trainer: "Denn unsere Fans haben überhaupt keine Schuld an dem, was passiert ist."

Die Zeitung "Le Parisien" sah dies ähnlich: "Schuld waren die wütenden deutschen Fans, die einen Teil von Nizza verwüsteten." Allerdings sind Nizza-Fans in der Vergangenheit auch schon auffällig geworden. Im August 2021 war das Ligue-1-Spiel gegen Olympique Marseille nach einem Platzsturm abgebrochen worden.

Die Sportzeitschrift "L'Équipe" bezweifelte, ob am Donnerstagabend zum Spiel gegen den 1. FC Köln genügend Sicherheitskräfte im Einsatz waren: "Zu diesem Spiel sind sie von 200 Beamten für ein normales Spiel auf 300 Beamte aufgestockt worden. Reicht das aus? Das kann man angesichts des weiteren Verlaufs des Abends bezweifeln."Und "Nice-Matin" kritisierte: "Die Sicherheitsdienste des Stadions waren völlig überfordert, weil sie wahrscheinlich nicht mit einer solchen roten Flut in der Stadt und dann im Stadion gerechnet hatten."

FC-Geschäftsführer Keller hielt sich mit eindeutigen Schuldzuweisungen zurück. "Ich bitte um etwas Zeit, damit wir erst alles auswerten", sagte er: "Ich will nicht mutmaßen, wer schuld war. Und darum geht es auch nicht. Das ist eine Katastrophe. Aber am Ende haben sich beide Seiten nicht mit Ruhm bekleckert, unabhängig davon, wer vielleicht angefangen und weitergemacht hat." Unabhängig von der Aufarbeitung war Keller aber genervt und verärgert: "Das geht mir richtig auf den Sack."

Köln will Gewalttäter ausschließen

Deshalb ist den Kölnern auch schon vor der detaillierten Aufarbeitung eines klar. Man werde "mit aller Härte und Entschlossenheit" versuchen, die Beteiligten an den Krawallen zu ermitteln. "Ich weiß nicht, ob das 50, 60 oder 70 waren. Es waren auf jeden Fall sehr, sehr wenige", sagte Keller. "Aber wir werden alles probieren, um möglichst viele rauszuziehen. Und die schließen wir dann aus, die werden nix mehr machen." Auch Präsident Werner Wolf versprach, beim FC werde man "alle unsere Kraft in die Aufklärung dieser Vorfälle setzen und dabei mit aller Konsequenz gegen die Gewalttäter vorgehen. Dazu sind wir unseren vielen tausend friedlichen Fans und dem Fußball gegenüber verpflichtet."

Rund 10.000 Anhänger hatten den FC an die Cote d'Azur begleitet. Und am Mittag mit einem bunten und friedlichen Fanmarsch eigentlich für schöne Bilder gesorgt. "Diese Bilder bleiben", sagte Stürmer Steffen Tigges, der die Kölner Führung erzielt hatte: "Die haben uns gepuscht. Denn dass die paar Chaoten für den Verein stehen, stimmt nicht. Die Fans, die richtig Stimmung gemacht haben, die stehen für den Verein."

Der wie in den Wochen zuvor häufig überragende Torhüter Marvin Schwäbe sah es ähnlich. "Einerseits ist das, was da passiert ist, nicht wert, dass man drüber redet, denn das gehört nicht in den Fußball", sagte er und fügte an: "Andererseits muss man sich auch klar von sowas distanzieren und sagen, dass diese Leute im Stadion nix zu suchen haben." Und Schwäbe weiter: "Hier waren 8500 Fans, und die Mehrheit hat eine klare Birne."

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