22.09.2016 14:20 Uhr

ÖFB-Frauen-Coach hat noch nicht genug

Dominik Thalhammer steht als Coach hinter dem Erfolg
Dominik Thalhammer steht als Coach hinter dem Erfolg

Mit der erstmaligen EM-Teilnahme haben die ÖFB-Frauen ein noch vor Jahren undenkbares Ziel erreicht. "Ein Traum ist in Erfüllung gegangen", sagte Teamchef Dominik Thalhammer. Zugleich forderte er eine weitere Steigerung. "Wir sind für uns noch nicht gut genug", mahnte der Erfolgscoach bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien.

ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner geriet ins Schwärmen: "Du hast dir ein historisches Denkmal gesetzt", meinte er und kam auch um den für Thalhammer "problematischen" Vergleich von Männer- und Frauenkick nicht ganz herum. "Eine fantastische Leistung. Er hat das gleiche geschafft wie Marcel Koller mit den Männern."

Thalhammer ist quasi eine Ruttensteiner-"Erfindung", er heuerte den einstigen Männer-Coach (u.a. Admira-Wacker in der Saison 2004/05) im Jahr 2010 für das neu zu gründende nationale Frauen-Leistungszentrum in St. Pölten an.

"Wir haben Konzepte entwickelt und sind quer durch Österreich gefahren, um Spielerinnen zu sichten", erinnerte sich Thalhammer, der schon ein Jahr später nach dem überraschenden Tod von Vorgänger Ernst Weber als A-Teamchef fungieren sollte. Eine Endrunden-Teilnahme war damals "extrem weit weg", sagte der Wiener. " Viele im Frauenfußball haben gesagt, dass man das nie erreichen kann." Schnell sei aber klar geworden, "dass man in großen Schritten vorwärts kommen kann", erklärte Thalhammer.

Prozess war wichtig für Entwicklung

"Es war ein Prozess. Erst haben wir begonnen, defensiv stabil zu sein", meinte der Coach. Dann seien andere, inzwischen fest verankerte Dinge hinzugekommen: "Raumdeckung, Mittelfeldpressing, Spiel in Ballbesitz, Gegenpressing." Fortschritte seien nun nur noch in kleineren Dosen zu erzielen. "Jetzt geht es in die Details. Wir wollen mehr Ballbesitz haben und dabei stabiler sein", fasste Thalhammer zusammen.

Was ihm aber mindestens ebenso wichtig erscheint: "Ich habe noch nie Spielerinnen erlebt, die so offen sind für Neues, die sich weiterentwickeln wollen", lobte er seine zum großen Teil aus Legionärinnen bestehende Truppe rund um Bayern-Akteurin Viktoria Schnaderbeck. "Wir sind für uns noch nicht gut genug. Und wir können in manchen Bereichen im Frauenfußball auch Trendsetterinnen sein."

Die EM locker angehen

"Wir wollen uns keine Grenzen setzen, wollen uns ständig weiterentwickeln. Ob es darum geht, bei der EM vielleicht über die Vorrunde hinauszukommen, das werden wir dann zu gegebener Zeit festlegen. Wir wollen aber keine unbedeutende Rolle spielen", erklärte Thalhammer. Ruttensteiner riet dazu, die Endrunde "zu genießen. Das wird etwas Einzigartiges. Man sollte den Prozess einfach weitergehen und gar nicht zu große Erwartungen anstellen."

Dass Österreich am 22. Oktober in Regensburg ein Länderspiel mit Olympiasieger Deutschland bestreitet, dürfe gleichsam als Ritterschlag gewertet werden. "Wir bekommen mehr Aufmerksamkeit, unsere Leistungen werden wahrgenommen. Es war parallel auch eine Anfrage aus den USA da", betonte Thalhammer. "Deutschland sucht sich seine Gegner schon genau aus, die sind zwei Jahre im Voraus ausgebucht. Für uns ist das eine große Prestigesache und eine sehr tolle Geschichte."

Gute Entwicklung der ÖFB-Teams

Die gute Entwicklung des A-Teams aber auch der U19- und U17-Auswahlen schreiben sowohl Thalhammer als auch Ruttensteiner zu großen Teilen dem Kompetenzzentrum in St. Pölten zu. "Dort wird unglaublich wichtige Arbeit geleistet. Ein wesentlicher Faktor", meinte Thalhammer. Ruttensteiner verwies auf den Umstand, dass sich sechs dort ausgebildete Spielerinnen im Kader der A-Auswahl wiederfinden, machte zugleich aber auf die mangelnde Breite aufmerksam.

"Die Struktur ist gegeben, jedes Mädchen hat die Möglichkeit", stellte Ruttensteiner fest. "Aber es geht um die Etablierung des Frauenfußballs in der Gesellschaft. Wie kann man Mädchen für Fußball motivieren und begeistern, und es geht um die Bereitschaft der Trainerinnen und Trainer." Hilfreich wäre da auch größeres Engagement vonseiten der Bundesligavereine der Männer. "Ich würde mir schon wünschen, dass alle Bundesligavereine solche Teams stellen", meinte Ruttensteiner.

In der geschafften EM-Qualifikation sieht der 53-Jährige einen möglichen Anschub-Faktor. "Ich hoffe, dass es ein Turbo ist, dass dieser Erfolg im Sinne des Frauenfußballs genützt werden kann und dass die Mädchen vielleicht auch Vorbilder und Stars bekommen."

Mehr dazu:
>> ÖFB-Frauen erstmals gegen Deutschland

apa/red

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